Mehr Hessen adoptieren Kinder
Adoption: Eine Herausforderung für Eltern und Kinder
surowa/istockphoto.comManchen Kindern kann nur eine Adoption eine gute Entwicklung ermöglichen, sagt die Expertin.06.08.2015 cm Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Rolf OeserFrauen, die ihr leibliches Kind abgeben, haben häufig Gewalt erfahren, psychische Erkrankungen oder Suchtprobleme. Dies zeigt die Erfahrung von Psychologin Barbara Evangelou aus Frankfurt.Die Hessen haben 2014 mehr Kinder adoptiert als im Jahr zuvor. Das statistische Landesamt meldet 275 Adoptionen, das ist gut ein Viertel mehr als im Jahr 2013. Seit dem 4. August 2015 sind die neuen Zahlen zu Adoptionen in Hessen verfügbar. Für die Vermittlung von Adoptionen ist das Jugendamt zuständig. Bei Fragen und Problemen rund um das Thema Adoption hilft aber auch die evangelische Kirche. Barbara Evangelou leitet die Frankfurter Familien-, Erziehungs-, und Jugendberatung im Evangelischen Zentrum für Beratung und Therapie am Weißen Stein. Sie sagt: „Eltern kommen in der Regel, wenn es Konflikte gibt.“
Erwartungen an eine Adoption klären
Die Hälfte aller hessischen Adoptionen wurde vom Stiefvater oder der Stiefmutter angenommen. Evangelou empfiehlt Paaren sich klar zu machen, was sie sich von einer Adoption erwarten. Denn sie kennt Fälle, die zu Konflikten geführt haben. Sie empfiehlt Paaren, sich vorab auszutauschen und zu klären, was die Partner sich von der Adoption versprechen. Manchmal leidet die familiäre Atmosphäre unter einer Adoption, weil Erwartungen nicht erfüllt werden. „Zum Beispiel, weil das Kind schwieriger ist als gedacht, sehr temperamentvoll ist oder die Bindung nicht gelingt wie gewünscht“, erklärt die Diplom Psychologin.
„Können wir das wieder abgeben?“
Vierzig Prozent aller Adoptionen im Jahr 2014 wurden von Hessen angenommen, bei denen keins der Elternteile mit dem Kind leiblich verwandt ist. Wenn es in der Partnerschaft schon ein leibliches Kind gibt, kann es passieren, dass es nicht immer einverstanden ist, ein neues Geschwisterchen zu bekommen. Evangelou berichtet, dass ein Kind in der Beratung gefragt habe: „Können wir das wieder abgeben?“. Der Grund war: „Die ganze Energie, die Zuwendung und Zeit der Eltern ist in das Adoptivkind geflossen“, berichtet Evangelou.
Warum geben Frauen ihr leibliches Kind zur Adoption frei?
Frauen, die ihr leibliches Kind abgeben, haben häufig Gewalt erfahren, psychische Erkrankungen oder Suchtprobleme, zeigt die Erfahrung von Evangelou. Durch eine Vergewaltigung oder eine Partnerschaft, die durch Gewalt belastet sei, ist der Bindungsprozess zum Kind gestört. Zitate von Müttern seien: „Ich kann keine gute Mutter sein“ oder: „Die Situation in der das Kind entstanden ist, ist zu belastend für das Kind und mich“.
Schuldgefühle überwinden
In der Beratung versuche Evangelou die Motivation zu ergründen und die Frauen nochmal reflektieren zu lassen, ob weitere Unterstützungen wie Familienhilfe oder eine zeitlich befristete Pflegschaft in Frage kommen. Oder ob die Abgabe des eigenen Kindes doch der richtige Weg ist. „Es kann aber auch ein hilfreicher Schritt für das Kind sein, um ihm so eine gute Entwicklung zu ermöglichen“, betont Evangelou. Frauen, die zu ihr in die Beratung kommen, haben häufig Schuldgefühle. Diese versucht sie mit ihnen zu überwinden. Die Beratungsstelle hilft auch Jugendlichen bei der Suche nach dem leiblichen Elternteil. Das Jugendamt klärt das Offizielle und „wir begleiten den Weg der inneren Fragen und Konflikte“, erklärt Evangelou.
Infokasten:
Bei Fragen oder Problemen rund um das Thema Adoption helfen zum Beispiel das Evangelische Zentrum für Beratung und Therapie am Weißen Stein weiter, als auch das Evangelische Zentrum für Beratung in Höchst.