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Religiöse Feste

Ramadan ermöglicht Begegnungen zwischen Christen und Muslimen

Szefei/istockphoto.comBetende Muslima in Moschee vor Sonnenuntergang

In diesem Jahr feiern Muslime den Fastenmonat Ramadan ganz öffentlich auf dem Messegelände in Mainz-Hechtsheim. Dadurch haben auch Nicht-Muslime die Möglichkeit, ganz unkompliziert islamische Bräuche kennen zu lernen.

Muslime auf der ganzen Welt halten Ramadan, sie essen und trinken nichts von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. In Mainz feiern sie ein großes Fest und laden auch Christen dazu ein. Ilona Klemens, Pfarrerin für Interreligiösen Dialog in Frankfurt, macht Mut, diese Einladung anzunehmen.

Frau Klemens, was halten Sie vom Ramadan-Fest in Mainz?

Ich war selbst noch nicht dort, verschiedene Leute haben mir aber davon berichtet. Ich bin neugierig und möchte das Fest noch besuchen. Ich würde mir wünschen, dass ähnliches auch an einem zentralen Platz in Frankfurt möglich wäre, auf dem sich Muslime mit ihrer Tradition als offen und gesprächsbereit präsentieren.
Ich war selbst in diesem Ramadan mehrfach privat und in Gemeinden zum Fastenbrechen eingeladen, aber es wäre schön, wenn das auch an einem öffentlichen Platz gelänge.

Was sind denn wichtige Aspekte des Ramadan?

Von dem, was ich davon weiß und verstanden habe, sind es zum einen natürlich das Wertschätzen des Essens, die Grenzerfahrung des Fastens, die innere und äußere Reinigung, dass Menschen sich Gott auf diese Weise neu öffnen. Die Nahrung bewusst wahrzunehmen als etwas Wesentliches, das zum Leben gehört, das den Fastenden ihre Geschöpflichkeit vor Augen führt. Zum anderen auch Dankbarkeit gegenüber Gott und soziale Aspekte:  Sich daran zu erinnern, dass viele Menschen keine Nahrung haben. Im Ramadan soll deshalb auch gespendet werden. So gibt es beispielsweise in Frankfurt in der Mainzer Landstraße eine deutschsprachige Moscheegemeinde, die ich letzte Woche zum Freitagsgebet besucht habe. Sie bieten im Ramadan Obdachlosenspeisungen an. Dorthin kommen nach eigenen Aussagen ausschließlich Nicht-Muslime. Das finde ich sehr beachtenswert.

Der Fastenmonat Ramadan ist eine der fünf Säulen des Islams. Hat das Fasten für Moslems eine andere Bedeutung als für Christen?

Die Regeln zum Ramadan gelten meines Wissens für alle Muslime gleichermaßen, unabhängig davon, ob man z.B. schiitisch oder sunnitisch geprägt ist. Da sind die Fastentraditionen bei den Christen vielfältiger, hier gibt es nicht nur eine Form des Fastens. Die christlichen Konfessionen haben aus den verschiedensten Gründen verschiedene Wege des Fastens gewählt. Aber Fasten gehört zur christlichen Tradition, die 40 Tage vor Ostern als Zeit des Verzichts ist allen gemeinsam. Nur die Protestanten haben aus ihrem historischen Kontext heraus  eine fastenkritische Position entwickelt. Aber es gibt ja mit 7 Wochen ohne seit 30 Jahren eine Neuentdeckung dieser Tradition.

Bei uns gilt Vielfalt, die persönliche Entscheidung. Ich habe einmal zwei christliche Jugendliche in der U-Bahn beobachtet, die sich zu meiner Überraschung über das Fasten unterhielten. Da meinte die eine zur anderen: Was machst du denn dieses Jahr? Worauf verzichtest du denn? Darauf die andere: Ich habe mir überlegt, dieses Jahr verzichte ich auf Fast Food, Gummibärchen und Schimpfwörter. Das fand ich sehr kreativ, auf etwas zu verzichten, das einem wirklich schwer fällt und auch eine soziale Komponente hat. Ich denke darüber nach, wie ich mit anderen umgehe, spreche und kommuniziere. Es hat auch etwas mit dem bewussten Umgang mit der Schöpfung zu tun. Fasten ruft eine besondere Konzentration hervor.
Diese besonderen Zeiten wie der Ramadan im Islam dienen auch dazu, sich all diese vielen Dinge wieder neu bewusst zu machen und, wenn möglich, auch in das normale Leben zurückzuführen. Beispielsweise eben nicht nur im Ramadan zu spenden oder nur in der Passionszeit auf bestimmte ungesunde Lebensweisen zu verzichten.

Und warum sollten wir als Christen mit den Muslimen das Fasten brechen, wenn wir doch ganz andere Traditionen haben?

Sie sind unsere Nachbarinnen und Nachbarn, Kolleginnen und Kollegen, unsere Mitmenschen. Wir leben hier zusammen und für mich sind sie Teil Deutschlands. So wie ich will, dass sie sich für mich interessieren, sollten wir uns auch für sie interessieren. Nur dadurch können wir sie näher kennen lernen. Wissen und die Begegnung von Mensch zu Mensch sind der erste Schritt zur Überwindung von Vorurteilen. Nur dann kann das Miteinander gelingen. Nicht, in dem man sagt, jedem das seine, und jeder lebe für sich. Das halte ich für den falschen Weg.

Deswegen führen wir Dialog. Deswegen ist die evangelische Kirche sehr engagiert dabei, weil sie es als Friedensarbeit sieht, sich für den anderen zu interessieren, Teil zu haben an seinen oder ihren Traditionen. Mitzuerleben, in diesem Fall wirklich „mit zu schmecken“ und so ganz sinnlich zu erfahren, was der Ramadan für Muslime bedeutet. Das ist wichtig, um Vorbehalte und Ängste abzubauen.

Es ist doch selbstverständlich christlich, sich für seine Nächsten zu interessieren! Wenn ich zum Fastenbrechen gehe oder dazu ermutige, dann mache ich keine Werbung für den Islam, wie manche meinen, sondern für den Dialog, aus meinem christlichen Glauben heraus.

Ramadan

Gläubige Muslime fasten im Ramadan von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, sie verzichten auf jegliches Essen und Trinken. Kinder und alte oder kranke Menschen sowie Schwangere sind davon ausgenommen. Auch Reisende und Pilgernde dürfen das Fastengebot brechen.

Wie junge Muslime mit der Tradition bekannt gemacht werden, erklärt der islamische Theologe Selçuk Doğruer, der im Rat der Religionen die Muslime in Frankfurt am Main vertritt: „Ich habe mit ungefähr elf Jahren angefangen zu fasten, weil ich dazu gehören wollte.“ Er erinnert sich:„Zuerst nur einen halben Tag, dann immer mehr.“ Gezwungen habe ihn niemand, wie die meisten muslimischen Kinder habe er aus eigenem Antrieb mit dem Fasten begonnen.

Der Fastenmonat ist tief im Islam verwurzelt. Er gilt als Gebot Gottes und ist eine der fünf Säulen des Islam: Neben dem grundsätzlichen Glaubensbekenntnis zum Islam, dem rituellen Gebet, der Pilgerreise nach Mekka und dem Spenden von Almosen gehört er damit zu den wichtigsten Glaubenspraktiken.
Die Spendenbereitschaft während des Ramadan ist besonders hoch. Selçuk Doğruer erklärt: „Man kann im Ramadan besser nachvollziehen, wie es den armen Menschen heute in armen Ländern wie Somalia geht.“ 

Der Fastenmonat Ramadan ist der neunte Monat des Mondkalenders, bei dem die Monate nur 29 Tage haben. Daher verschiebt sich der exakte Zeitpunkt des Ramadans von Jahr zu Jahr. 2013 beginnt er am 9. Juli und endet am 7. August, 2014 beginnt er am 28. Juni und endet am 27. Juli.

In der Konzentration auf das, was ist,
kann sich so etwas wie ein Raum öffnen,
ein Gewahrsam schärfen für die Gegenwart Gottes.

(Carsten Tag)

Carsten Tag

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages / rusm

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