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Nach der Taufe

Das allererste Christfest

Esther StoschWeihnachtskugelnWeihnachtsstimmung in Deutschland erleben

Vor einem Jahr lebte das junge Ehepaar Shirin und Dariush noch in Isfahan, der Millionenmetropole im Herzen des Iran. Nun sind sie in Deutschland, getauft, und zum ersten Mal in ihrem Leben erleben sie die Weihnachtszeit.

(Martin Vorländer, Evangelische Sonntags-Zeitung) "So einen Weihnachtsbaum habe ich noch nie gesehen!" Shirin (alle Namen sind geändert) schaut mit großen Augen auf die mit LED-Lichtern besteckte, haushohe Fichte auf dem Weihnachtsmarkt im Advent. Die 30-Jährige holt ihr Smartphone aus der Tasche und macht Fotos. Tannenbaum und Kunstschneelandschaft kennt sie auch von den Schaufensterdekorationen in ihrer Heimatstadt Isfahan. Aber einen so großen Weihnachtsbaum wie den auf dem Frankfurter Römer kennt sie nur aus dem Fernsehen oder von Bildern im Internet. 

Die Entscheidung

Shirin ist mit ihrem Mann Dariush Ende 2015 nach Deutschland gekommen. Innerhalb von zwei Wochen hatten die beiden entschieden: Wir müssen weg, raus aus dem Iran. Es waren keine wirtschaftlichen Gründe. Dariush ist Ingenieur und hatte eine feste Stelle. Shirin arbeitete als Krankenschwester. Doch die beiden wollten schon seit längerem nicht mehr bei dem staatlich verordneten Islam mitmachen. Shirin hat eine Freundin, die armenische Christin ist. Das junge Ehepaar hat Armenien besucht und sich dort Kirchen angeschaut. 

Die Schwierigkeiten nehmen zu

»Im Iran kannst du nicht einfach in einen christlichen Gottesdienst gehen, wenn du aus einer muslimischen Familie kommst«, erzählt Shirin. Ihr Mann bekam immer mehr Schwierigkeiten in der Firma. Kollegen beäugten ihn, wenn er sich nicht an Gebeten oder am Fasten beteiligte. Irgendetwas muss passiert sein, was das Fass zum Überlaufen brachte. Was genau, erzählt Dariush nicht. »Viele, viele Probleme«, so umschreibt er es. 

Flucht und Taufe in Frankfurt

Ein Schlepper – Dariush nennt ihn Makler – besorgt den beiden für viel Geld Visa und Flugticket. Zwei Wochen später sind sie in Rom und gelangen über Umwege nach Frankfurt. Sie finden Anschluss an eine evangelische Gemeinde. Im Sommer lassen sich Shirin und Dariush am Main taufen. Waschechte Frankfurter Christen. 

Adventskalender und Adventskranz - typisch deutsch

Nun also ihr allererstes Weihnachten mit der neuen Religion. »Heiligabend ist sehr wichtig für deutsche Menschen«, sagt Dariush. Beide sind begeistert von den vielen Bräuchen, die es hier gibt. Eine Freundin aus der Gemeinde hat einen Adventskalender für sie gebastelt. 24 Tütchen, für jeden Tag bis Weihnachten eine kleine Kerze, ein Bibelwort oder eine Süßigkeit. Einen Adventskranz haben die beiden auch zu Hause. »Das ist typisch deutsch, oder?«, fragt Dariush. In amerikanischen Weihnachtsfilmen hat er weder Adventskalender noch Adventskranz gesehen. 

Überall ist Freude - Lichter erinnern an die Welt Gottes

»Die Lichter, die Farben – das gibt mir Energie. Überall ist Freude«, findet Dariush. Seine Frau schließt sich an: »In der Stadt ist jetzt im Advent so viel los. Die Menschen laden sich ein, treffen sich, feiern miteinander. Es ist eine andere Stimmung als sonst.« Wir deutschen Begleiter der beiden schauen uns an. Echt? Viele empfinden die Vorweihnachtszeit doch eher als Stress, bei dem der Sinn des Festes verloren geht. »Doch, doch!«, bekräftigen Shirin und Dariush. »Weihnachten ist Freude – und so schöne Dekoration.« Dariush versucht zu erklären, warum sie von den Bräuchen und dem Weihnachtsschmuck so beeindruckt sind. Aus dem Deutsch, das er in den fast zwölf Monaten gelernt hat, versteht man so viel: Es gibt für ihn zwei Meinungen, zwei Welten. Die Welt von Arbeit, Geldverdienen, was man täglich tut. Aber dahinter ist noch mehr, die andere Welt Gottes. An die erinnern die Lichter und Farben der Adventszeit. 

Trost in den schwersten Stunden

Warum sind sie Christen geworden? Ihre Antwort ist zunächst allgemein: »Viele, viele gute Erfahrungen.« Dann erzählt Shirin. Bei ihrer Arbeit als Krankenschwester hat sie in der Klinik in Isfahan eine Patientin erlebt, die Christin war. Die Frau lag im Sterben. Nach Shirins Erfahrung hätte der Todeskampf noch tagelang gedauert. Der Pfarrer ihrer Kirche kommt sie besuchen. Er sitzt an ihrem Krankenhausbett, spricht mit ihr, betet mit ihr. »Kurz nachdem der Pfarrer gegangen ist, ist die Frau gestorben«, sagt Shirin. »Ganz friedlich. Sie konnte loslassen.« Wie die Frau so getrost sterben konnte, das hat sie beeindruckt. Eine von »vielen, vielen guten Erfahrungen«. 

Jesus im Islam und im Christentum

Wir stehen auf dem Weihnachtsmarkt vor einem Stand, an dem man Schwippbögen aus Holz kaufen kann. Der eine stellt eine Winterlandschaft mit Schneemann und Kindern da. Eine andere geschnitzte Szene fürs Fenster zeigt Maria, Josef und die Krippe mit dem Jesuskind. Was bedeutet den beiden Weihnachten? Wer ist Jesus für sie? »Im Islam ist Jesus ein besonderer Prophet. Die Jungfrau Maria kommt auch im Koran vor«, fängt Shirin an zu erklären. »Aber Jesus ist im Islam nicht Gott. Für uns schon.« Dariush sagt: »Wir beten jeden Tag zu Jesus. Wir leben mit Jesus.« 

An Weihnachten gehen die beiden in die Kirche  – die Pfarrerin, die sie getauft hat, hält den Gottesdienst. Für Heiligabend haben sie gleich zwei Einladungen von Menschen aus der Gemeinde zu sich nach Hause. Gar nicht leicht für Shirin und Dariush, sich zu entscheiden, den einen zu- und den anderen abzusagen. Doch überwiegt die Freude darüber, bei anderen Christen willkommen zu sein.

Christus spricht: Ich war tot,
und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit
und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

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