Wissenschaft und Schöpfung
„Glaube und Wissenschaft leben gemeinsam, wie in einer Familie“
Rolf K. Wegst/MathematikumAlbrecht Beutelspacher, Direktor des Mathematikum Gießen23.02.2016 sto Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
stokkete/istockphoto.comMit einem Audio-Beitrag aus der FFH-Kirchensendung Kreuz und QuerSpätestens seit dem Streit zwischen Galileo Galilei und der katholischen Kirche vor rund 400 Jahren ist das Verhältnis zwischen Religion und Wissenschaft mit Stolpersteinen gepflastert. Damals ging es um die Frage, wie das Sonnensystem aufgebaut ist. Heute streiten sich manche Gläubige, die sogenannten Kreationisten, mit Wissenschaftlern über die Entstehung der Welt. Hat Gott einen Platz in der Naturwissenschaft?
Albrecht Beutelspacher ist Professor für Mathematik und will als Gründer des Mitmach-Museums Mathematikum in Gießen viele Menschen für Mathe begeistern. Für ihn haben die Mathematik und der Glaube eines gemeinsam: Beide sind für ihn eine Reise, auf die er sich gemacht hat: „Du weißt nicht, wo du hinkommst oder wie sie endet. Aber für mich ist es eine Reise, die sich lohnt.“ Er spricht von den Grenzen des Wissens, die teilweise in der Forschung überschritten werden können. „Aber es gibt auch Grenzen, über die wir Menschen mit unserem Verstand und unserer Logik nie hinwegkommen werden“, sagt der Wissenschaftler. Das liege im „System unseres Denkens“ begründet.
„Glaube und Wissenschaft müssen sich nicht widersprechen“
Beutelspacher will Wissenschaft und Glaube nicht vermischen, aber er kann auch keinen Widerspruch entdecken: „Es sind verschiedene Gebiete, die beide unglaublich spannend sind und einen persönlich weiter bringen.“ Er vergleicht sie mit einer Familie: „Jeder hat sein Leben, aber wir kümmern uns gegenseitig um uns und wir lernen voneinander.“ Sein Glauben gebe ihm Mut, weiter auf dem Gebiet der Mathematik zu forschen. Daher solle das Verhältnis zwischen den beiden „ein wohlwollendes, freundschaftliches und wertschätzendes Miteinander sein“, so Beutelspacher.
Über der Forschung ins Staunen geraten
Sowohl Glaube als auch Wissenschaft können seiner Auffassung nach Grenzüberschreitungen ermöglichen. Problematisch werde die Beziehung zwischen den beiden dann, wenn der Glaube auf seinen Wahrheitsanspruch poche und die Wissenschaft religiöse Erfahrungen leugne. Beutelspacher betont: „Je mehr ich mich mit Mathematik beschäftige, desto mehr komme ich ins Staunen.“ In seiner Forschung erlebe er, dass „ich als Mensch vielleicht die Chance habe, einen ganz kleinen Blick in fremde und unendliche Welten zu richten.“ Je genauer er hinschaue, merke er, „es gibt noch viel mehr, als das, was ich jemals sehen kann.“
Albrecht Beutelpacher wurde 1950 in Tübingen geboren und ist Christ. Er studierte Mathematik, Physik und Philosophie. Er ist Professor an der Universität Gießen und Gründer des Mathematikums.