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Unterwegs am Reformationstag

Präses: Reformation ermutigt zur Gestaltung einer menschlichen Gesellschaft

SoMe-Team EKDSchlosskirche in WittenbergSeine berühmten 95 Thesen soll Martin Luther am 31. Oktober des Jahres 1517 an die Tür des Haupteingangs der Schlosskirche geschlagen haben; 500 Jahre später öffnet sich die Tür für den zentralen Festgottesdienst

Der Gipfel der Feierlichkeiten rund um das Reformationsjubiläum hat begonnen. Drei Führungspersönlichkeiten der EKHN setzen auf Verbundenheit.

Alle Bundesländer haben „Ja“ gesagt: Der Reformationstag 2017 ist ein gesetzlicher Feiertag. Für viele Ehren- und Hauptamtliche in Kirchengemeinden der EKHN heißt das: Sie engagieren sich an diesem Tag, um die Bedeutung des Thesenanschlag Martin Luthers zu veranschaulichen und zu feiern. Auch die Führungspersönlichkeiten der EKHN sind in diesem Sinne unterwegs.

Reformationstag 2017 in Wittenberg 

Kirchenpräsident Volker Jung ist am Reformationstag 2017 nach Wittenberg gereist, um am Festgottesdienst zum Reformationsjubiläum teilzunehmen. Ort der zentralen Feier ist die Schlosskirche, an der Luther vor 500 Jahren seine Thesen veröffentlicht hat. Auch Dr. Ulrich Oelschläger, der Präses der Synode der EKHN, ist in Wittenberg anwesend.   Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten ebenfalls an dem Gottesdienst teilgenommen.

Akt der Befreiung

Die Predigt in der Schlosskirche hatte der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, gehalten. Als einen „Akt der Befreiung“ hat der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm, den Beginn der Reformation gewürdigt. Der legendäre Thesenanschlag durch Martin Luther sei eine Befreiung für diesen persönlich, für die Kirche und für die Welt gewesen, so der Ratsvorsitzende im Festgottesdienst in der Wittenberger Schlosskirche.

Heute: Anstrengungen, Angst und Sehnsüchte

Bedford-Strohm: „Und nun sitzen wir hier 500 Jahre später als Menschen in einem Land, das ebenfalls mit sich ringt. Als ein Land, das so gesegnet ist wie nie zuvor. Als ein Land, das ein beeindruckendes Maß an Empathie gezeigt hat. Als ein Land, das viele Anstrengungen unternommen hat, auch moralische Anstrengungen. Und zugleich als ein Land, in dem manche sich moralisch überfordert fühlen. Als ein Land, in dem Menschen Angst haben, ihre gewohnte Welt zu verlieren, ihre Sicherheit zu verlieren. Als ein Land, das sich nach Heimat sehnt. Als ein Land, das deswegen die reformatorische Botschaft von der Rechtfertigung allein aus Gnade so dringend braucht!“

Zuruf an den Papst

In seiner Predigt über eine Passage aus dem Brief des Paulus an die Römer dankte Bedford-Strohm dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofkonferenz, Kardinal Reinhard Marx, für Mut und Geschwisterlichkeit im Reformationsjahr. Bedford-Strohm: „Und ich rufe am 500. Jahrestag der Reformation von Wittenberg aus dem Papst in Rom zu: Lieber Papst Franziskus, Bruder in Christus, wir danken Gott von Herzen für dein Zeugnis der Liebe und Barmherzigkeit, das auch für uns Protestanten ein Zeugnis für Christus ist. Wir danken für deine Zeichen der Versöhnung zwischen den Kirchen. Und wann immer du einmal hierher nach Wittenberg kommst, dann werden wir dich ein halbes Jahrtausend nach der Verbrennung der Bannbulle von ganzem Herzen willkommen heißen! Wir wollen mit Christus reden und dann mutig voranschreiten. Wir vertrauen darauf, dass der Geist unserer Schwachheit hilft!“

Kirchenpräsident Volker Jung blickt zu Menschen, denen der Zusammenhalt am Herzen liegt

Bereits einige Tage zuvor hatte sich der Kirchenpräsident Volker Jung zur Bedeutung der Reformation geäußert und Herausforderungen benannt, die auch nach dem Jubiläumsjahr bestehen bleiben: „Immer wieder neu nach Gott zu fragen und aus der Kraft des Evangeliums zu leben. Ich bin überzeugt: In einer Gesellschaft, die sich immer stärker auseinander zu bewegen scheint, braucht es Menschen, denen der Zusammenhalt am Herzen liegt.“

Präses Oelschläger: Ermutigung, um politische Verantwortung zu übernehmen

Im Vorfeld des Gottesdienstes in Wittenberg hatte Präses Oelschläger deutlich gemacht, was für ihn heute die Worte und Taten der Reformatorinnen und Reformatoren bedeuteten: „Die Reformatoren verkündigen den gnädigen Gott, das schenkt Freiheit zu selbstlosem Handeln am Nächsten, in der Gesellschaft ohne Sorge um sich selbst. Und das Erbe der Reformatoren ermutigt zur Übernahme politischer Verantwortung als vom Gewissen getragene vernünftige Entscheidung des Individuums.“ Zudem zeigte sich Präses Oelschläger begeistert von der Reformation, die er auch als gigantische Bildungsbewegung wahrnehme - ob bei Luther, Calvin, Zwingli oder auch in der Täuferbewegung.

Präses Oelschläger erklärte auch, welchen Impuls Luthers Worte und Taten für die Gegenwart geben könnten: „Auf diese Impulse aus der Zeit der Reformation müssen wir uns besinnen, um jedem Einzelnen seine Verantwortung für unsere Welt, für seine Mitmenschen bewusst zu machen und so eine menschliche Gesellschaft mitzugestalten. So kann die impulsgebende Kraft der Reformation weiter wirken.“

Stellvertretende Kirchenpräsidentin in der Pfalz

Die hessen-nassauische Stellvertretende Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf gestaltet den zentralen Festgottesdienst für Rheinland-Pfalz in der Dreifaltigkeitskirche in Speyer mit. Im Vorfeld erläuterte auch sie die Bedeutung der Reformation „Jeder Mensch hat direkten Zugang zu Gott und jedem gilt Gottes Liebe und der Auftrag, die Welt zu gestalten.“ Laut Ulrike Scherf besitze also jeder Mensch die Freiheit, sich in die Gesellschaft einzubringen. Auch bei der Frauenordination sowie der angestrebten Gleichberechtigung von Frau und Mann lägen die Wurzeln in der Reformation. 

Nach dem Festgottesdienst besucht die Stellvertretende Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf das ökumenische Fest in Darmstadt unter dem Motto „Freiheit leben, Glauben teilen, Zukunft gestalten“.

In der Konzentration auf das, was ist,
kann sich so etwas wie ein Raum öffnen,
ein Gewahrsam schärfen für die Gegenwart Gottes.

(Carsten Tag)

Carsten Tag

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages / rusm

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