Antisemitismusprävention in Schulen
„Antisemi - was?" - Neues Projekt gegen Antisemitismus
Maor Winnetrob/Gettyimages.deJugendliche Juden haben es nicht immer leicht19.03.2019 epd Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt hat mit Unterstützung des hessischen Kultusministeriums ein Fortbildungsprojekt gegen Antisemitismus an Schulen gestartet. Antisemitismus sei nicht nur eine „besonders abscheuliche Form“ der Missachtung von Menschen, sondern auch ein „Indikator für Intoleranz und Werteverachtung in der Gesellschaft überhaupt“, sagte der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) in Frankfurt. Kooperationspartner des Projekts „Antisemi - was?“ sind das Religionspädagogische Institut der evangelischen Kirchen in Hessen, das Pädagogische Zentrum des katholischen Bistums Limburg und das Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“.
„Passen wir noch hierher?“
Seit 2015, dem Aufstieg der AfD in Deutschland und der Flüchtlingswelle, fragten sich Juden in Deutschland: „Passen wir noch hierher?“, sagte der wissenschaftliche Direktor der Bildungsabteilung des Zentralrats der Juden in Deutschland, Doron Kiesel. „Juden sind ein Seismograph für die Entwicklung einer Gesellschaft.“ Hinter der Projektion von Antisemitismus stecke die Ablehnung moderner, globaler Werte. „Antisemitismus ist ein politisches Phänomen, das die Grundlage der Republik infragestellt“, sagte der Erziehungswissenschaftler. An der Schule verfestigten sich antisemitische Bilder, wenn Pädagogen nicht klar ein Gegenbild zeichneten.
Projekt gegen Antisemitismus soll drei Jahre lang laufen
Das auf drei Jahre angelegte Projekt sehe in diesem Jahr 36 Tages-Workshops für Jugendliche mit Vorbildfunktion im Alter von 17 bis 24 Jahren vor und zwölf bis 15 Lehrerfortbildungen, erläuterte der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel. Vorbeugung sei besonders wirkungsvoll, wenn sie von Jugendlichen selbst angeleitet werde. Die Religionspädagogischen Institute (RPI) der evangelischen und katholischen Kirche sprächen die Lehrkräfte für das Projekt an und stellten die Infrastruktur bereit, sagte die für interreligiöses Lernen zuständige Leiterin des RPI Frankfurt, Anke Kaloudis.
Fast 100 Anfragen von Lehrkräften im letzten Jahr
Allein im vergangenen Jahr hätten Lehrkräfte fast 100 Anfragen wegen Antisemitismus an die Bildungsstätte Anne Frank gerichtet, berichtete Mendel. Antisemitismus äußere sich etwa im Hass auf den Staat Israel. Jüdische Schüler würden von Mitschülern gefragt: „Der israelische Staat hat wieder palästinensische Kinder umgebracht - was meinst Du dazu?“. Türkischstämmige Schüler äußerten auch mal: „Wir haben nichts mit der Geschichte des Holocausts zu tun, das interessiert uns nicht, das ist Sache der Deutschen.“ Hier gehe es um die Frage, wie eine gemeinsame Verantwortung vermittelt werden könne.
Israelfeindliche Einstellung bei Schülern aus bestimmten Ländern
Die israelfeindliche Einstellung von Einwandererschülern aus Ländern mit einer antisemitischen Staatsideologie wie Syrien, Irak oder Iran sei teilweise so stark, dass eine Aufklärung an ihnen abperle, sagte Kiesel. Auch die antisemitische Rhetorik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan finde unter seinen Anhängern in Deutschland Widerhall. Selbst in deutschen Schulbüchern komme Israel vornehmlich nur negativ als Auslöser von Konflikten und Kriegen vor. Als pädagogisches Gegenmittel helfe vor allem die konkrete Begegnung mit Menschen im Zuge eines Israel-Austausches, der Vorurteile „zerbröseln“ könne.
„Die Aufgabe der Antisemitismusprävention wird eine unbefristete sein“, gestand Kultusminister Lorz zu. Erfahrungen des Projekts würden darüber hinaus in die pädagogische Aus- und Fortbildung einfließen. Das Kultusministerium wolle erreichen, dass Schulen antisemitische Vorfälle meldeten. „Die Gesellschaft muss eine Wachsamkeit entwickeln“, sagte Lorz.
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