Flüchtlinge
Willkommenskultur für Flüchtlinge unterstützen
Bernd-Christoph MaternIm Deutsch-Café in Bad Ems lernen geflüchtete Frauen Deutsch.09.06.2015 rh Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
EKHNDr. Ulrich Oelschläger, Präses der Synode der EKHN„Wenn es um Hilfe für Flüchtlinge geht, gibt es kein katholisch oder evangelisch - da gibt es nur christlich oder unchristlich. Deshalb haben die Synode der EKHN und die Diözesanversammlung des Bistums Limburg beschlossen, einen gemeinsamen Studientag zu veranstalten“, erklärt Dr. Ulrich Oelschläger, Präses der Synode der EKHN. Auf dem Studientag am 13. Juni 2015 ab 9.30 Uhr im Dominikanerkloster in Frankfurt am Main stehen die aktuelle Situation der Flüchtlingsarbeit und das Engagement beider Kirchen für eine „Willkommenskultur“ in Deutschland im Mittelpunkt. Als Ergebnis des Studientages wird eine gemeinsame Resolution angestrebt. Zuvor werden in Kleingruppen die Flüchtlingspolitik, die Rolle des Kirchenasyls, rechtliche Grundlagen, Ehrenamtskonzepte sowie der Zugang von Flüchtlingen zu Bildung und medizinischer Versorgung thematisiert.
Botschaft an die Politik: funktionierendes Seenotrettungsprogramm einführen
Bereits der Evangelische Kirchentag in Stuttgart 2015 hatte ein deutliches Signal zum Umgang mit Flüchtlingen gesetzt. So sagte Pastorin Nora Steen im Abschlussgottesdienst: „Diejenigen, die ihre Sehnsucht nach einem Leben in Europa mit dem Tod bezahlen, gehen uns etwas an." Der studierte Theologe, Volkskundler und Judaist Oelschläger greift den Impuls auf: „Alle Menschen in Not gehen uns etwas an. Als Kirchen haben wir die Aufgabe, auf die Politik einzuwirken, damit ein funktionierendes Seenotrettungsprogramm etabliert wird. Wir können doch nicht tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken.“
Gemeinsames Ziel: Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit unterstützen
Nicht nur die große Politik, sondern auch das konkrete Engagement vor Ort haben evangelische und katholische Studientag-Teilnehmende im Blick. Laut Oelschläger sei eine professionelle Unterstützungsstruktur für Ehrenamtliche sinnvoll, um vor Ort die Willkommenskultur für Flüchtlinge unter Beteiligung der beiden Kirchen wirksamer auszubauen: „Viele Menschen zeigen ihren guten Willen, aber als Kirchen müssen wir sie auch durch Beratung und Fortbildungen in die Lage versetzen, diesen zu realisieren.“ Vor Ort zeigen ermutigende Beispiele, wie die ökumenische Zusammenarbeit gemeinsam mit weltlichen Initiativen gelingen könne. So werde im rheinhessischen Jugenheim die Flüchtlingsbetreuung durch ein breites bürgerschaftliches Engagement getragen.
Zuversicht: Jahrzehntelange Erfahrung in der Integration von Flüchtlingen in Deutschland
Trotz der dramatischen Situation vieler Flüchtlinge vermittelt der pensionierte Studiendirektor Oelschläger auch Zuversicht. Gerade durch die Nachkriegszeit habe Deutschland gelernt, Fremde zu integrieren. Als die Flüchtlinge aus dem Osten kamen, hätten viele von ihnen zunächst zu verstehen bekommen: `Auf euch hat keiner gewartet.´ Als gebürtiger Westfale habe Oelschläger selbst erlebt, dass sein Hochdeutsch so manchen Rheinhessen irritiert habe. Doch in den letzten Jahren habe er festgestellt: „Durch den intensiven Austausch der unterschiedlichen Regionen in Deutschland untereinander, durch Ausflüge, Urlaube und Umzüge sowie durch die vielen ausländischen Restaurants haben die Deutschen eine offenere Haltung Fremden gegenüber entwickelt.“ Heute erlebe er, dass sehr viele Menschen bereit seien, Menschen in Not entgegenkommend zu begegnen. Er selbst habe Willkommenskultur von Kindesbeinen an erlebt, da seine Eltern zwei Flüchtlingsehepaare aus dem Osten in ihrem Pfarrhaus untergebracht hatten.
Vertrauen zwischen evangelischer und katholischer Kirche stärken
Es ist das erste Mal, dass sich Vertreter des evangelischen Kirchenparlamentes aus Hessen-Nassau mit der gewählten Vertretung der Katholikinnen und Katholiken des Bistums Limburg treffen. Die beiden Leitungsgremien der Versammlungen verbindet allerdings ein langjähriger Austausch. Präses Oelschläger freut sich: „Über die Jahre hat sich zwischen dem Kirchensynodalvorstand (KSV) der EKHN und dem Vorstand der Diözesanversammlung ein vertrauensvolles Verhältnis entwickelt. Auf beiden Seiten gibt es eine große Motivation, sich zu treffen.“
Am Studientag nehmen der Limburger Domdekan Prälat Günther Geis, Bischofsvikar für die synodalen Gremien, der Vorstand der Diözesanversammlung, sowie der Kirchensynodalvorstand der EKHN-Synode teil. Am Gottesdienst werden sich KSV-Mitglied Dore Struckmeier Schubert und die katholische Staatsanwältin Christina Kreis beteiligen, predigen werden EKHN-Kirchenpräsident Jung und Domdekan Prälat Günther Geis.
Tagesordnung
09.30 Uhr
Gemeinsamer Gottesdienst
10.30 Uhr
Begrüßung
10.45 Uhr
Zahlen, Fakten und Daten zum Thema Flüchtlinge Andreas Lipsch, EKHN
Referent: Andreas Lipsch, EKHN
11.15 Uhr
Mit Flüchtlingen im Gespräch
Gäste: Petros Habte, Negat Hassen
12.00 Uhr
Vorstellung der Kleingruppen
12.30 Uhr
Gemeinsames Mittagessen
Ab 13.30 Uhr: Vertiefung einzelner Aspekte in Kleingruppen
1) Willkommenskultur für Flüchtlinge
Aspekte: Unterbringung; Sozialarbeiterstellen; Zugang Ehrenamtlicher zu Unterkünften; Integration (bspw. Sport); Schaffung von Wohnraum.
Referentin: Dr. Barbara Tambour, Sprecherin Arbeitskreis Asyl Kriftel
Moderator: Günter Adam
2) Rechtliche Grundlage:
Aspekte: Allgemeine Grundlagen für Nichtjuristen zu Grundbegriffen (bspw. unterschiedliche Aufenthaltstitel); Wo kann ich mich informieren? Ablauf zwischen Eintreffen und Anerkennung eines Flüchtlings.
Referent: Thomas Busch, Rechtsanwalt
3) Kirchenasyl:
Aspekte: Dublin III und Kirchenasyl
Referentin: Dr. Ines Welge, Hessischer Flüchtlingsrat; Diakonie Hessen
Moderatorin: Elisabeth Bentrup
4) Ehrenamtsprofis – Schulung und Begleitung Ehrenamtlicher in der Flüchtlingsarbeit (Land)
Aspekte: vorhandene Konzepte und Planungen zur Ehrenamtsbegleitung
Referenten: Annegret Huchler, Flüchtlingsbeauftragte für Willkommenskultur im Bistum Limburg; Ralf Müller, Leiter des Projekts „Flüchtlingsbegleiter/in im Ehrenamt“ Ev. Dekanat Alsfeld
Moderator: Pfarrer Wolfgang Prawitz
5) Ehrenamtsprofis – Schulung und Begleitung Ehrenamtlicher in der Flücht-lingsarbeit (Stadt):
Aspekte: vorhandene Konzepte und Planungen zur Ehrenamtsbegleitung
Referenten: Monika Rickert, Socius Ev. Regionalverband Frankfurt; Corinna Firle, Flüchtlingshilfe im Main-Taunus-Kreis
Moderatorin: Beatrix Schlausch
6) Flüchtlinge vor den Grenzen Europas und Europäische Flüchtlingspolitik:
Aspekte: aktuelle Debatte auf der Ebene der EU, Dublinverfahren, EU-Einrichtungen auf außereuropäischem Gebiet
Referentin: Judith Kopp, PRO ASYL
Moderator: Pfarrer Andreas Lipsch
7) Zugänge junger Flüchtlinge zum hessischen Schul- und Bildungssystem
Aspekte: rechtliche Rahmendaten; Deutsch als Fremdsprache; Ausstattung in den Schulen; Betreuung von Minderjährigen; hessisches Schulgesetz (Pflicht, Kinder zu beschulen); nicht schulpflichtige junge Erwachsene
Referentin: Miriam Sehr, Leiterin der Adolf-Reichwein Schule Limburg
Moderatorin: Martina Schlebusch
8) Medizinische und psychosoziale Betreuung von Flüchtlingen:
Aspekte: med. Eingangsuntersuchungen und Gesundheitsversorgung, Umgang mit Traumatisierungen Referent: Heinrich Graf von Reventlow, Ev. Zentrum für Beratung und Therapie am Weißen Stein, Frankfurt
Moderatorin: Dr. Birgit Pfeiffer
9) Berufsbildung und Anerkennung von Schul-/Studienabschlüssen
Referent: N.N. Moderator: Jörg Krüger