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Gemeinsam dem Leben zuwenden

Kleine Schritte erreichen große Änderung

Esther StoschGesprächsrunde zur Umkehr des Lebens - Ralf Stroh und Brigitte Bertelmann vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung und Helmut Törner-Ros vom Zentrum Ökumene.Gesprächsrunde zur Umkehr des Lebens - Ralf Stroh und Brigitte Bertelmann vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung und Helmut Törner-Ros vom Zentrum Ökumene.

Müll sortieren, Bio-Gemüse kaufen oder Elektro-Auto. Immer mehr Deutsche achten in ihrem Leben auf Gesundheit, Ökologie und Nachhaltigkeit. Ein Trend, den die evangelische Kirche begleitet hat. Nun soll er mit einer neuen Initiative vorangetrieben werden.

„Wir brauchen jetzt Veränderungen wie damals zu Zeiten der industriellen Revolution“, sagt Helmut Törner-Roos (rechts im Bild). Der Beauftragte für Ökumenische Diakonie für EKHN und EKKW im Zentrum Ökumene der EKHN spricht von Zeiten des Umbruchs. Denn obwohl Staaten reicher werden, steigt die soziale Ungerechtigkeit. Wirtschaftskrise und Klimawandel bedrohen soziales, kulturelles, ökologisches und ökonomisches Leben. 

Kirchen, kirchliche Organisationen und Gruppen laden daher zu einem ökumenischen Prozess, der „Umkehr zum Leben – Den Wandel gestalten“ ein. Mit dieser Initiative „wollen wir uns dieser Komplexität stellen“, sagt Brigitte Bertelmann (im Bild in der Mitte). Während eines Symposiums in Berlin wurde die Initiative am 16. September eröffnet. Der Titel „steht dafür, dass es notwendig ist etwas zu ändern“, erklärt die Wirtschaftsexpertin vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung (ZGV). Sie fragt: „Alles ist auf ressourcenintensives Wachstum ausgerichtet, doch wie kann ein nachhaltiger Lebensstil dazu beitragen, dass für uns und nachfolgende Generationen gute Lebensbedingungen erhalten bleiben?“ Dieser Frage gehen die Herausgeber des Jahrbuchs Gerechtigkeit nach. Mit den erarbeiteten Materialien aus „Menschen, Klima, Zukunft“, wollen sie Gruppen und Gemeinden dazu einladen, dies für sich herauszufinden und eigene Aktionen zu erarbeiten.

Nachbarschafts-Initiativen machen erste Schritte

Viele seien bereits auf der Suche nach Antworten, sagt die Expertin. „Zum Beispiel hat sich in Mainz eine kleine Gruppe zusammengetan und produziert Ökostrom mit Solarpanelen und Windrädern. Ohne Einschränkungen in ihrem Lebensstandard haben sie etwas gestaltet“, sagt Bertelmann. Jeder Mensch fände einen Punkt in seinem Leben, der leicht zu ändern wäre, sagt sie. „In Hannover lebt eine Gruppe von Nachbarn, die sich gemeinsam das Ziel gesetzt haben, 20 Prozent ihres CO2-Ausstoßes zu reduzieren“, sagt Törner-Roos. „Damit haben sie sich das gleiche Ziel wie im Kyoto-Protokoll gesetzt“, erzählt er weiter. Er ist begeistert von dieser Idee: „Keiner droht mit der Moral-Keule, denn das Gesamt-Ziel zählt.“

Immer wieder wollen Menschen in ihrem Leben etwas ändern. Bertelmann erklärt, dass es dabei oft um ganz praktische Fragen gehe: Etwa ums Essen. „Wie versorge ich mich? Ändert mein Wissen um meine Essgewohnheiten etwas daran was ich esse? Diese Fragen lassen sich auch in Bezug auf andere Konsumgüter stellen“, sagt Bertelmann. „In unserer Familie hatten wir eine lange Diskussion über den Fleischkonsum. Inzwischen verzichten wir möglichst auf Fleisch und meist gibt es nur noch den Sonntagsbraten“, erzählt Törner-Roos. Bertelmann ergänzt: „Wir haben das zweite Auto abgeschafft und nutzen das erste weit weniger.“

Fülle des Lebens erfahr- und erlebbar machen

„Entwicklung heißt für uns nicht unbedingt Wachstum, sondern auch mal zurückzufahren“, sagt Törner-Roos. Pfarrer Ralf Stroh (im Bild links) spricht dabei von einer Haltungsfrage. Es gehe um Emanzipation, sagt der Ethiker vom ZGV. „Das Leben ist oft wie ein Hamsterrad. Dabei kämpfen Menschen mit der Angst vor Repressalien, mit dem sozialen Druck und dem wirtschaftlichen Umfeld“, sagt er. Niemand könne dem einzelnen sagen, was Leben ist, aber „mir vielleicht dabei helfen Raum zu schaffen, damit ich aus dem Hamsterrad heraustreten kann.“ 

Er nennt ein Beispiel: „Viele Menschen definieren sich nur noch über ihre Arbeit. Nur dort erfahren sie Lob. Doch sie sind wertvoll. Wertvoll weil sie Menschen sind, und wir wollen sie dazu ermutigen, dies zu erkennen.“ Daher sieht er in der Kampagne den traditionellen christlichen Begriff „Tut Buße und ändert euer Leben“ erfüllt.
„Wir überlegen, wie kann die Fülle des Lebens erfahr- und erlebbar gemacht werden, ohne die verschiedenen Lebensformen der Menschen zu verurteilen oder zu diffamieren“, ergänzt Bertelmann. Daher müssten Kirchen und kirchliche Organisationen in diesem Prozess voran gehen. Denn nur viele einzelne „Mosaiksteine tragen dazu bei, dass die Grundhaltung sich insgesamt ändert“, so Bertelmann.

Prozess von unten starten: Kirche, Kommune zur großen Politik

Daher sollen nicht nur Kirchen an dem Prozess teilhaben, sondern auch auf ihre Mitglieder ausstrahlen. So kann es in die Kommunen und schließlich bis in die große Politik getragen werden. „Dafür gibt es keinen Stichtag“, sagt Bertelmann, „das ist ein langjähriger Prozess – open end.“

Träger des ökumenischen Prozesses „Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“, sind 31 Kirchen, kirchliche Organisationen und Gruppen. Darunter auch die EKHN, Diakonie Hessen und EKKW. Weil es kein Einheitskonzept für alle gebe, bieten die Träger Unterstützung an. Hierzu bietet die Initiative Materialien, Workshops, Hilfestellungen und Begleitung an. 

In der Konzentration auf das, was ist,
kann sich so etwas wie ein Raum öffnen,
ein Gewahrsam schärfen für die Gegenwart Gottes.

(Carsten Tag)

Carsten Tag

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages / rusm

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