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Ökumene

Papst Franziskus und die Protestanten

neneos/istockphoto.comPapst Franziskus im November 2013 in RomPapst Franziskus im November 2013 in Rom

Rund ein Jahr ist Papst Franziskus im Amt. Ein Jahr, in dem neue Töne aus Rom zu erklingen scheinen. Der Nachfolger Benedikts begeistert nicht nur Katholiken. Was hat sich in diesem Jahr geändert?

Konfessionskundliches Institut BensheimKatholiken-Experte Pfarrer Martin BräuerKatholiken-Experte Pfarrer Martin Bräuer

Papst Franziskus setzt auf Reformen in der katholischen Kirche und wurde 2013 vom Time-Magazin zum Mann des Jahres gewählt. Er predigt von Liebe und Barmherzigkeit. In seinem Programm „Evangelii gaudium“ (Freude des Evangeliums) gehe es vor allem um die Frage: „Was dient dazu, die Freude des Evangeliums mit möglichst vielen, ja mit allen Menschen zu teilen?“, sagt Martin Bräuer vom Konfessionskundlichen Institut in Bensheim. 

„Das Volk Gottes habe viele Gesichter.“

In dem ersten lehramtlichen Text des Papstes vom November 2013 sei die Barmherzigkeit ins Zentrum der katholischen Kirche gerückt. Daher solle sie „eine gastfreundliche und offene Kirche sein“, sagt der Catholica-Referent. Im „Evangelii gaudium“ heißt es: „Wir können nicht verlangen, dass alle Völker aller Kontinente in ihrem Ausdruck des christlichen Glaubens die Modalitäten nachahmen, die die europäischen Völker zu einem bestimmten Zeitpunkt der Geschichte angenommen haben.“ Der Experte erklärt, dass dadurch das Ende des Eurozentrismus in der römisch-katholischen Kirche eingeleitet werde. „Der Papst sieht in der kulturellen Vielfalt seiner Kirche nicht die Bedrohung für ihre Einheit, sondern eine Chance für eine vielfältige, bunte Bezeugung des Evangeliums“, sagt Bräuer. „Das Volk Gottes habe viele Gesichter.“

Bessere ökumenische Atmosphäre aus Rom

Obwohl der Papst keine Richtlinien zur Ökumene gebe, sehe er die Spaltung der christlichen Kirche als ein Übel an, erklärt Bräuer. Papst Franziskus kenne keine Berührungsängste, „er empfängt viele Menschen aus der Ökumene“, so der Experte. Beispielsweise den EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider kurz nach seiner Amtseinführung. Insgesamt habe sich die ökumenische Atmosphäre durch den Machtwechsel in Rom verbessert, aber welche Früchte dies tragen werde, sei noch abzuwarten, so der Experte. 

Stärkung der nationalen Kirchen

Bräuer ergänzt: „Überhaupt vertraut er darauf, dass die christliche Botschaft in der Vielfalt der Kulturen am besten durch die Ortskirchen bezeugt wird.“ Daraus ergebe sich mehr Verantwortung in den verschiedenen nationalen Kirchen. Doch „wie engmaschig der Zaun aus Rom“ bleiben werde, und wie viele Kompetenzen schließlich den Ortskirchen zugesprochen werde, sei noch offen, sagt Bräuer. Der neue Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx sei jedoch eine Person, die genügend „Ellenbogen hat“, um die Reformen des Papstes in Deutschland umzusetzen.

Abbau an Zentralismus ökumenisch bedeutsam

„Der Abbau an Zentralismus ist ökumenisch bedeutsam“, sagt der Experte, „in anderen Kirchen ist die Praxis kollegialer Beratung und synodaler Entscheidungsfindung seit langem üblich.“ Allerdings gehe es in „Evangelii gaudium“ um die Struktur der orthodoxen Kirchen, nicht um die synodalen Strukturen des Protestantismus. „Das ist bedauerlich, mag aber seinen Grund darin haben, dass in der römisch-katholischen Kirche auf Weltebene Synodalität als bischöfliche Synodalität verstanden wird“, sagt Bräuer. Das heißt, dass die Bischöfe den Papst beraten, aber nicht entscheiden können. Für synodale Strukturen im protestantischen Sinne, wo Laien und Geistliche gemeinsam und gleichberechtigt Entscheidungen treffen, kenne die katholische Kirche kein Äquivalent.

„Auch unsere Gläubigen brauchen den Aufruf zur Barmherzigkeit.“

Die Reden und Botschaften von Papst Franziskus sprechen auch viele Protestanten an. Bräuer erklärt: „Auch unsere Gläubigen brauchen den Aufruf zur Barmherzigkeit.“ Außerdem scheine der ehemalige Erzbischof von Buenos Aires eine sehr authentische Persönlichkeit zu sein. „Er lebt das, was er sagt und das kommt gut an“, sagt der Katholiken-Experte.

Bei den notwendigen Reformen seiner Kirche gehe es dem Papst um eine „Reform der Kirche im missionarischen Aufbruch“. Das Engagement für die Ökumene sehe er, ähnlich wie die Gründungsversammlung der Ökumenischen Bewegung in Edinburgh 1910, unter dem Gesichtspunkt der Mission. Nach einem Jahr Papst Franziskus, „dürfen wir nun auf die Umsetzung des Programms gespannt sein“, sagt der Experte.

Konfessionskundliches Institut 
Das Konfessionskundliche Institut in Bensheim beschäftigt sich mit den konfessionskundlichen Fragen der Gegenwart. Die Mitarbeitenden beobachten und kommentieren die aktuellen Entwicklungen in der Ökumene. Die Ergebnisse werden alle zwei Monate unter anderem im „Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts“, eine der größeren theologischen Fachzeitschriften im deutschsprachigen Raum, veröffentlicht.

Das Konfessionskundliche Institut wird vom Evangelischen Bund, der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie Landeskirchen wie der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und der Evangelischen Kirche der Pfalz getragen.

In der Konzentration auf das, was ist,
kann sich so etwas wie ein Raum öffnen,
ein Gewahrsam schärfen für die Gegenwart Gottes.

(Carsten Tag)

Carsten Tag

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages / rusm

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