Fair und ethisch investieren
Können Investoren eine menschen- und umweltfreundlichere Wirtschaft fördern?
Sava Alexandru/istockDie EKHN achtet bei der Geldanlage auf Nachhaltigkeit13.11.2013 rh Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Gotlind UlshöferFinanzexperten freuen sich über den konstruktiven Austausch - von links: Christian Strenger, Aufsichtsratsmitglied bei DWS Investment, Marlehn Thieme von der Deutschen Bank und Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung sowie Helmut Mader der Mader Capital Resources GmbH, der auch Vorsitzender der Versorgungsstiftung der EKHN ist„Unternehmen, die ethische Maßstäbe in ihr Geschäft einbinden, können inzwischen eine bessere Marktbewertung als andere aufweisen“, erklärte Christian Strenger, Mitglied des Aufsichtsrates bei DWS Investment, TUI und The Germany Funds. Das Argument, wegen des Drucks durch den globalen Wettbewerb soziale und ökologische Verantwortung zurückzuschrauben, ist also nicht mehr zwingend. Doch noch zu wenige Unternehmen setzen diese Erkenntnis um. Können hier Investoren verantwortlich Einfluss nehmen?
Anlass für diese Frage war die Veranstaltung „Ziele und Verantwortung von Investoren“ zu der die Evangelische Akademie Frankfurt und das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN am 7. November in Frankfurt am Main eingeladen hatten. Nach dem Vortrag Strengers über die Einflussmöglichkeiten von Aktionären auf Unternehmen und den Kapitalmarkt erläuterte der Chef der EKHN-Kirchenverwaltung Heinz-Thomas Striegler die Anlagestrategien der EKHN. Denn auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) investiert am Kapitalmarkt.
Wachstum für nachhaltige Geldanlagen, trotzdem noch Nischendasein
Zu Beginn hatte EKHN-Ökonomiereferentin Dr. Brigitte Bertelmann darauf hingewiesen, dass nach der Finanzkrise die Bedeutung nachhaltiger Geldanlagen überdurchschnittlich zugenommen habe – in der Summe führen sie allerding im deutschsprachigen Raum immer noch ein Nischendasein. Auch Nachhaltigkeits- und Ethikbanken haben ein rasantes Wachstum erlebt, obwohl ihr Anteil in der Bankenwelt noch immer klein ist. Ist der Trend zur nachhaltigen Geldanlage nur vorübergehend?
Ethische und nachhaltige Anlagekriterien entwickeln sich zum „must have“
„Das ist nicht nur ein Trend, es wird Bestand haben, nach ethischen und sozialverantwortlichen Grundsätzen zu investieren“, prognostizierte DWS-Aufsichtsratsmitglied Strenger. Er vertrat die Auffassung, dass die Märkte es honorieren, wenn Unternehmen Ethik und Nachhaltigkeit zu ihrem Thema machen. Zahlreiche Studien hätten belegt, dass sich eine verantwortliche Unternehmensführung und ethische Leitlinien positiv auf die Unternehmensbewertung auswirkten. Er betonte: „Heute heißt es beim Thema soziale Verantwortung nicht mehr `nice to have´, sondern es ist ein `must have´!“ Ethisches Investment gehöre mittlerweile zum Gesamtansatz und werde auch bei den großen, milliardenschweren Fonds nachgefragt. Strenger sagte, dass es sich auch finanziell lohne, die neuen Denkmuster umzusetzen. Zuversichtlich erklärte er: „Wenn man die richtigen Papiere erwischt, kann es laufen.“
Entwicklung mit echtem Fundament oder nur Social- & Greenwashing?
Eine recht positive Entwicklung nahm auch Finanzexperte und EKHN-Verwaltungschef Striegler in seiner Berufspraxis wahr: „Wenn ich vor sieben Jahren Fondsmanager von Immobilienfonds nach nachhaltigen Kriterien gefragt habe, wurde ich belächelt. Heute ist das gang und gäbe. Warum? Weil die Nachfrage da ist.“
Am Rande der Veranstaltung waren allerdings auch vorsichtige Einschätzungen aus dem Publikum zu hören: „Man muss genau hinschauen, ob die Unternehmen nicht nur Social- oder Greenwashing betreiben.“
Strategien für menschen- und umweltfreundlicheres Wirtschaften
Auch der erfahrene Finanzexperte Strenger wies darauf hin, dass viele Unternehmen ethische und soziale Leitlinien noch nicht ausreichend umgesetzt hätten. Deshalb ermutigte er Investoren und die Öffentlichkeit, ihren Einfluss geltend zu machen. Dabei verriet er einige Strategien:
Auf diese Weise können Investoren Einfluss nehmen:
- durch Ausübung des Stimmrechts,
- durch direkte Anwesenheit auf Hauptversammlungen, sie können dort einen entsprechenden Vortrag halten, der möglicherweise in der Zeitung veröffentlicht wird,
- durch Einzelgespräche mit Führungspersönlichkeiten in vertrauensvoller Atmosphäre, wo auch ethische und soziale Fragen angesprochen werden,
- bei besonderen Anlässen, z. B. Kapitalerhöhungen, Übernahmen.
Auf diese Weise lassen sich Unternehmenslenker überzeugen:
- wenn Entwicklungen Einfluss auf die Kosten haben,
- durch Studien, die belegen, dass sich bessere Transparenz, sozial verantwortliche Unternehmensführung und ethische Leitlinien positiv auf die Unternehmensbewertung auswirken,
- durch medialen Druck, der den Ruf eines Unternehmens tangiert.
Volumen verstärkt Wirksamkeit
Auch die EKHN verfügt über Vermögen, das sie am Kapitalmarkt investiert. Es stammt aus dem Treuhandvermögen der Kirchengemeinden, der Kirchbaustiftung, dem Rücklagevermögen und der Versorgungsstiftung.
Das in den beiden Stiftungen zweckgebundene Vermögen dient der Unterhaltung der zahlreichen Kirchen und anderer kirchlicher Gebäude, beziehungsweise sichert es die Versorgungsansprüche der Pfarrerinnen und kirchlichen Mitarbeitenden.
Die Rücklagen der EKHN dienen wesentlich dazu, Einnahmeschwankungen auszugleichen, da die Kirchensteuer von konjunkturellen oder anderen Einflüssen abhängt. Dies ermöglicht es der EKHN als großer Arbeitgeberin eine weitgehende Sicherheit ihrer Arbeitsplätze zu gewährleisten und nicht kurzfristig Einrichtungen zu schließen und Mitarbeitende entlassen zu müssen.
Angelegt ist das kirchliche Vermögen zum großen Teil in unterschiedlichen Spezialfonds. Wie nutzt die EKHN ihre Einflussmöglichkeiten als Investor? Der kirchliche Finanzverantwortliche Striegler erklärt: „Ich kaufe keine Aktien für die EKHN, wir sind kein Eigenanleger.“ Die EKHN hat mit der Aufgabe des Managements und der laufenden Überwachung ihrer Anlagen eine Bank als Master KAG (Kapitalanlagegesellschaft) beauftragt, die wiederum mit den verschiedenen Fondsmanagern eng zusammenarbeitet.
Gespräche mit Unternehmensvorständen
Darüber hinaus hat die EKHN zusammen mit der Evangelischen Kirche in Baden einen Finanzdienstleister beauftragt, der ihre Interessen gegenüber Unternehmen, in denen sie investiert ist, wahrnimmt. Striegler erläutert: „Das hat einen guten Grund. Denn als EKHN sind wir zu klein, um Einlass bei allen Unternehmensvorständen zu finden, noch haben wir die personellen Ressourcen, um laufend den Markt zu beobachten und zu analysieren. Aber dadurch, dass unser Dienstleister mehrere Anleger vertritt, ist das Anlagenvolumen größer – und damit auch die Wirksamkeit.“
F&C vertritt also die EKHN in Hauptversammlungen und in direkten Gesprächen und anderen Kontakten mit Unternehmen. Dabei vereinbart die EKHN mit ihrem Finanzdienstleister, welche ethischen Kriterien einfließen sollen, sie vereinbart Ziele und Meilensteine, deren Erreichen regelmäßig überprüft wird. Dies schließt natürlich trotzdem nicht aus, dass auch Vertreterinnen und Vertreter der EKHN mit großen Aktiengesellschaften oder Banken in Deutschland und insbesondere im Kirchengebiet der EKHN direkte Gespräche führen, unter anderem über die Kriterien ethischer Unternehmensführung.
Antipersonenminen und Gentechnik sind ausgeschlossen
Grundlage der Zusammenarbeit mit dem Finanzdienstleister und den Fondsverwaltern sind die Kriterien für ethisch-nachhaltige Geldanlage der EKD. Dabei schließt die Kirche in einer Negativliste beispielsweise Unternehmen aus, die geächtete Waffen wie Antipersonenminen herstellen oder vertreiben. Tabu sind auch Unternehmen, die in den Bereichen Gentechnik, Tierversuche und hochprozentige Alkoholika tätig sind und solche Firmen, die Mindeststandards für gute Arbeit der ILO (Internationale Labor Organisation) nicht beachten.
Demgegenüber orientiert sich die EKHN zusätzlich an einer Positivliste, auf die sie Infrastrukturinvestments gesetzt hat, die die Energiewende unterstützen und auf der Unternehmen wie Oicocredit und der Fair World Fonds stehen. Striegler betonte: „Wir überwachen regelmäßig, ob unsere Richtlinien auch eingehalten werden.“ Er erläuterte, dass das kirchliche Engagement darüber hinaus gehe. „Wir vermeiden Investitionen in Nahrungsmittel und viele andere Rohstoffe und investieren nicht in Hedgefonds.“
Wegweiser
Um die Umsetzung ihrer ethischen Richtlinien zu optimieren, arbeitet die EKHN zudem mit dem „Arbeitskreis Kirchliche Investments“ zusammen. Eine Vorreiterrolle hat die EKHN bei der Entwicklung des „Leitfadens für ethisch nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche“ der EKD übernommen, an dem sich nicht nur mehrere Landeskirchen, sondern auch andere Anlegen orientieren. „Die Broschüre ist eine der am meisten nachgefragten Publikationen der EKD", stellt Striegler zufrieden fest.
Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche