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All und Alltag

Wird Komet „Tschuri“ das Geheimnis des Lebens freigeben?

Spacecraft: ESA/ATG medialab; Comet image: ESA/Rosetta/NAVCAM

Die Raumsonde Rosetta hat sich ihrem Zielkometen genähert. Sinn dieser Mission ist es, die Ursprünge des Lebens zu erforschen. Über die persönliche Bedeutung des Lebens wurde am Rande im Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) philosophiert.

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Satelitt Dordain und Zypries ESA Brigitte Zypries Raumfahrt-Experte Rainer Kresken Porträt Landegerät

Vor rund vier Milliarden Jahren sah es auf der Erde tatsächlich „wüst und leer“ aus, wie es bereits in einem biblischen Schöpfungsbericht beschrieben ist. Eine Kruste aus Gestein hatte sich gebildet, UV-Strahlung drang ungehindert bis auf die Erdoberfläche. Wie konnte in dieser Ödnis Leben entstehen? Diesem Geheimnis wollen Raumfahrt und Forschung mit Hilfe der Raumsonde Rosetta näher kommen. Ihre Mission soll die zentrale Frage beantworten: Haben einst Kometen wichtige Bausteine des Lebens auf die Erde gebracht? Deshalb wird das Landegerät Philae der Rosetta-Sonde im November 2014 auf einem Kometen aufsetzen. Wird dieses Manöver gelingen?

Das Ziel im Blick

„Der Erfolg von Morgen hängt von Entscheidungen der Gegenwart ab“, unterstrich Thomas Reiter während der Pressekonferenz am 6. August. Reiter ist der Leiter des Satellitenkontrollzentrums ESOC und ESA-Direktor für Bemannte Auffahrt und Missionsbetrieb. Bis jetzt ist die Raumfahrt-Mission tatsächlich eine Erfolgsgeschichte, denn dem ESA-Team ist es gelungen, dass sich am 6. August 2014 die Raumsonde Rosetta dem Kometen 67P/Tschurjumov/Gerassimenko auf 100 Kilometer genähert hat - nach einem zehnjährigen Flug durch den Weltraum. Brigitte Zypries, die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, zeigte sich zufrieden: „Das Geld ist in diese Mission gut investiert. Denn wir können für unser Leben auf der Erde vom Universum lernen.“ Tatsächlich wird bereits in Brandenburg eine Wärmebildkamara eingesetzt, um Waldbrände rechtzeitig zu erkennen – das Know-How dazu lieferten die neuen technischen Entwicklungen für Rosetta.

Kometen und die Grundbausteine des Lebens

Eine der wichtigsten Fragen, um die sich die Rosetta-Mission dreht, lautet: Lassen sich auf dem Kometen „Tschuri“ Bausteine des Lebens entdecken? Flugdynamik-Experte Kresken erklärt: „Heute vermuten Wissenschaftler, dass alles Wasser von Kometen auf die Erde gebracht worden ist.“ Denn das Wasser könne nicht gleichzeitig wie die Erde entstanden sein. Zudem wüssten Wissenschaftler heute, dass sich auf Komenten organische Verbindungen befinden. Kresken unterstreicht: „Dort gibt es komplizierte kohlenstoffhaltige Verbindungen, die zum Leben beigetragen haben könnten. Es kann sein, dass diese Bausteine sozusagen mit der gleichen Sendung auf die Erde gekommen sind, mit der das Wasser auf die Erde gelangt ist.“

Leben – mehr als die Summe der Bestandteile und Funktionen?

Doch ein Lebewesen ist mehr als die Summe seiner Bestandteile wie Aminosäuren, Zucker Nucleotidbasen oder Fettsäuren. Was macht Leben für den einzelnen aus? Raumfahrt-Experte Kresken erzählt von seiner ganz persönlichen Haltung: „Ich bin ein Lebewesen mit einem ein Bewusstsein und kann die Welt anschauen und mich darüber wundern, wie das Weltall funktioniert. Dass können die einzelnen Atome nicht, aus denen ich bestehe.“ Auch Hubert Meisinger hat sich Gedanken zu dieser Frage gemacht. Er ist Referent für Umweltfragen im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN und Studienleiter für den Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften der Evangelischen Akademie Frankfurt. Meisinger schreibt: „Auch andere Lebewesen, die einen geringeren Grad an Bewusstsein als Menschen haben, sind ebenfalls mehr als die Summe ihrer Teile. Allein schon dadurch, dass sie in ein Netz alles Lebendigen tief hinein verwoben sind und wir in vielerlei Hinsicht gegenseitig aufeinander angewiesen sind, lustvoll, aber auch schmerzlich.“ Karin Wolff verfolgte als geladener Gast das Ereignis im ESOC-Pressezentrum. Die ehemalige hessische Kultusministerin ist Mitglied im hessischen Landtag und Vorsitzende des Kuratoriums der Ehrenamtsakademie der EKHN. Sie gab einen persönlichen Einblick: „Ich erlebe gerade die breite Spanne dessen, was Leben ausmacht. Ich kenne jemanden, der auf einer Intensivstation um sein Leben kämpft. Und ich weiß, wie schön es ist, im Stadion zu sitzen und zu jubeln.“ Wolff erzählte, wo sie ihre Schwerpunkte setzt: „Ich lebe jetzt, ich nehme die Möglichkeiten des Handelns wahr und lasse sie nicht vorbeiziehen.“

Leben wertschätzen

Karin Wolff brachte auf den Punkt, worin sich die Dialogpartner einig waren: „Menschen sind Wesen, die auf den Dialog mit anderen Menschen ausgerichtet sind.“ Dieser Gedanke blieb nicht im luftleeren Raum. „Im Alltag versuche ich, zu anderen Mit-Lebewesen freundlich zu sein, ich bringe Tieren und Menschen Wertschätzung entgegen. Es ist aber auch wichtig, selbst als Lebewesen geschätzt zu werden. Und ich glaube, dass das im Allgemeinen eine gute Regel für das Leben ist“, so die Erkenntnis des Flugdynamikers  Rainer Kresken. Die Politikerin und ehemalige EKHN-Synodale Karin Wolff vertritt die Auffassung: „Wir müssen konkret in unserer Umgebung anfangen. Dabei ist wichtig, dass wir an unserem Lebensort mit all denen, die dort wohnen, einiger werden als wir es jetzt sind: über den Wert von Leben, über Toleranz, über Rechte, über Gewaltenteilung.“ Angesichts der gegenwärtigen Konflikte in der Ukraine und im Gaza-Streifen sagt Rainer Kresken: „Indem wir etwas Kreatives machen und nicht auf Zerstörung aus sind, können wir auch ein Vorbild für andere Menschen sein. Hier bei der ESA tun wir etwas für die Menschheit, weil wir deren Wissen vergrößern. Wir helfen dabei, dass wir als Menschen unseren Platz im Universum erkennen.“

In der Konzentration auf das, was ist,
kann sich so etwas wie ein Raum öffnen,
ein Gewahrsam schärfen für die Gegenwart Gottes.

(Carsten Tag)

Carsten Tag

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages / rusm

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