Erfahrungsbericht
Die eigene Angst überwinden
Kwasny221/istockphoto.comDer Angst ins Auge blicken - kein einfacher Schritt21.02.2014 sto Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Das Herz rast, innerhalb von Sekunden überzieht ein Schweißfilm die Haut und die Lunge schreit nach frischer Luft. So ging es Maria Müller (Name von der Redaktion geändert), wenn sie beispielsweise in einen Fahrstuhl steigen sollte. Sie dachte: „Oh Gott, ich komm da nicht mehr raus – die engen Räume, so viele Menschen, ich krieg keine Luft.“ Die 43-Jährige hat etwas geschafft, was für manchen ein riesen Schritt ist: Sie hat ihren Ängsten ins Auge geschaut, und sie überwunden. Ein Weg, der für sie nur mit professioneller Hilfe möglich war.
Schleichender Prozess zur panischen Angst
„In den ersten Jahren haben mich meine Ängste gar nicht so eingeschränkt“, erinnert sich Maria Müller. „Aber mit der Zeit kommt der Zeitpunkt, da traust du dich nicht mal mehr auf den Rücksitz von einem Zweisitzer zu klettern, weil ich dachte: Oh je, ich komm aus dem Auto nicht mehr raus“, beschreibt sie. Die stets wachsende Angst steigerte sich immer weiter. Maria Müller traute sich kaum noch in den eigenen Keller. Sie zog sich immer mehr zurück. „Es schränkte mich so ein, dass ich nirgendwo mehr hingehen wollte, wo viele Leute sind“, sagt sie. Statt sich mit Freunden oder mit Familie zu treffen, blieb sie lieber zu Hause.
Schlimmstes Gefühl: „Angst vor der Angst“
„Irgendwann hatte ich Angst vor der Angst“, sagt Maria Müller heute. „Die Angst, irgendwo von der Panikattacke überfallen zu werden, dann vielleicht völlig auszurasten oder umzukippen und mich vor anderen bis auf die Knochen zu blamieren…“, schildert sie ihre Gefühle. Es ging so weit, dass ihr gesagt wurde: „Wenn Sie sich nicht behandeln lassen, sehen wir uns in ein paar Jahren in der Klapsmühle wieder.“
„In erster Linie habe ich mir gedacht: Naja, ich krieg das selber in den Griff. Aber mit den Jahren habe ich gewusst: Das geht einfach nicht“, sagt Maria Müller. Gemeinsam mit einer Psychologin ist sie vor rund zwei Jahren ihren Ängsten auf den Grund gegangen.
Auslöser für Angst lag in der Familiengeschichte
„Ich glaube 60 Prozent meiner Angst rührten von Problemen mit meiner Mutter her. Sie hat mich so stark bemuttert, dass ich mich kontrolliert gefühlt habe“, sagt Maria Müller. „So entstand die Angst vor Situationen, die ich nicht kontrollieren kann –wie Fahrstuhl fahren. Auch mein früherer Lebenspartner hat viel dazu beigetragen und mich in die Enge gedrückt – dies waren anscheinend die Hauptgründe, warum ich diese Angst gekriegt habe“, sagt sie.
Auch heute noch hat sie mit ihren Ängsten zu kämpfen: „Ich hoffe immer noch, dass der Fahrstuhl nicht stecken bleibt und ich bin immer noch ein schlechter Rücksitzfahrer.“ Sie resümiert: „Was sich in 40 Jahren angebahnt hat, das kann man nicht in einem halben Jahr wieder loswerden. Aber es ist schon sehr viel besser und ich lebe sehr viel freier.“ Und schließlich sei eine gesunde Angst auch ganz gut.
Rat: Professionelle Hilfe suchen
Jedem, der sich durch seine Ängste eingeschränkt fühlt, rät Maria Müller: „Wenn die Angst übermächtig wird, müssen Sie sich professionelle Hilfe holen, weil ohne diese Hilfe wird Sie die Angst auffressen.“